"Ballet héroïque" ("Ballet sérieux")

GluckWV 2.2.45

Allgemeines

Wotquenne-Nummer: deest

Werktyp: Ballett

Werkbezeichnung: Ballet héroïque / Ballet sérieux

Uraufführungsort: 27. Januar 1761, Wien, Burgtheater

Authentizität: zugeschrieben (Musik verschollen)

Personen

Genese

Entstehung:

Am 27. Januar 1761 führt Philipp Gumpenhuber in seinem Repertoire des Wiener Burgtheaters1 ein "Ballet nouveau heroique du S.r Pitrot" an. Bereits in den Jahren 1756 und 1759 hatte Antoine Pitrot, der führende Tänzer des Dresdner Theaters, in Wien ein Gastspiel gegeben (vgl. Ballett zu Le Chinois poli en France). Wie aus den Hofzahlamtsbüchern2 hervorgeht, war er erneut zwischen Dezember 1760 und Februar 1761 in der Stadt, wirkte als Choreograph und trat gemeinsam mit seiner Ehefrau, der Tänzerin Louise Regis (genannt Rey), auf. Sein "Ballet héroïque" wurde am 29. Januar 1761 ein weiteres Mal aufgeführt, bevor es in der neuen Saison, am 28. März 1761, überarbeitet durch den Tänzer des Wiener Ensembles Jean Dupré mit der Bezeichnung "Ballet serieux" wiederaufgenommen wurde. Auch bei seinem Aufenthalt im Jahr 1756 war eine Komposition Pitrots unter dem Titel "Ballet serieux" gezeigt worden.3 Offenbar stand der Haute danse im Mittelpunkt des Balletts ohne ein bestimmtes Sujet oder eine dramatische Handlung vorzustellen. Pitrot hatte sich als Choreograph dem ernsten Fach verpflichtet und damit dem französischen Tanzstil, sodass auch seine Handlungsballette, zu denen er Programme veröffentlichte (Télémaque dans l'isle de Calipso, Paris: Ballard 1759 und Ulysse dans l'isle de Circée, o. O. 1764), als "ballet sérieux, heroï-pantomime" bezeichnet wurden.
Wie Karl Graf von Zinzendorf in seinem Tagebuch von der Aufführung am 28. März 1761 mitteilte, wurde das Ballett von einer mitreißenden Musik begleitet ("tendre et charmante me toucha jusqu’au cœur"),4 von der anzunehmen ist, dass Gluck sie komponierte, da er in der Saison 1760/61 an beiden Wiener Theatern für die Ballettmusik angestellt war.

2Hofkammerarchiv, Hofzahlamtsbücher (Theatral-Cassa), Wien, Österreichisches Staatsarchiv, AT-OeStA/FHKA SUS HKZAB.
3Vgl. Répertoire des Theatres de la ville de Vienne depuis l'année 1752 jusqu'à l'année 1757, Wien: Ghelen 1757, o. S.

Werkgeschichte:

Dass bereits nach der zweiten Vorstellung eine überarbeitete Version aufgeführt wurde, legt die Vermutung nahe, dass die Choreographie Pitrots nicht dem Geschmack des Wiener Publikum entsprach. Wie Gumpenhuber erläutert, wurde die Musik beibehalten, Jean Dupré übernahm Antoine Pitrots Part und tanzte gemeinsam mit Marianne Le Clerc, die bereits in der ersten Version als Primaballerina auftrat ("C’est la même Musique du même Ballet que le S.r Pitrot a composé et dancé. M.r Dupré l’a remis et dancé avec Mad:le Le Clere [!]").
Dupré, der laut Gumpenhubers Tänzerverzeichnis des Burgtheaters für das ernste Fach zuständig war ("Dupré compose des Ballets pour le serieux"), setzte auf eine Erweiterung des Ensembles mit den Tänzern Antoine Durval, Johann Hopp und [Giovanni] Malagré. So brachte es das Ballett auf 14 Wiederholungen (31. März, 1., 6., 8., 14., 15. und 21. April, 23., 27., 31. Mai, 8., 9., 11. und 17. Juni 1761) bis es am 4. August des Jahres erneut, diesmal offenbar bedingt durch personelle Gründe, umgearbeitet werden musste. Die Neugestaltung ging erneut von Dupré aus, der, wie Gumpenhuber mitteilte, selbst nur noch im Ensemble tanzte, während als Solistenpaare Pierre Bodin und Rosalie Grangé, Antoine Gobert und Adriana Giropoldi, Annibale Barsi und Susanne Mitt sowie Antoine Durval und Thérèse de Camp auftraten. Möglicherweise machte eine Verletzung Duprés die Änderung notwendig, der jedoch auch in der folgenden Saison ein ebenso als "serieux" bezeichnetes Ballett für das Burgtheater choreographierte.

Zeitgenössische Berichte:

1Philipp Gumpenhuber, Répertoire de tous les Spectacles qui ont été donnés au Théâtre près de la Cour, Einträge vom 27., 29. Januar, 28., 31. März, 1., 6., 8., 14., 15. und 21. April, 23., 27., 31. Mai, 8., 9., 11. und 17. Juni, 4. und 13. August 1761 (A-Wn, Mus. Hs. 34580a).

4Graf Karl von Zinzendorf, Journal du Comte de Zinzendorf et Pottendorf, Einträge vom 28. März und 15. April 1761 (A-Whh, AT-OeStA/HHStA KA Nachlass Zinzendorf Tagebücher 6).

Uraufführungsort:

Werkteile

Übernahmen

keine

Quellen

keine

Literatur

Brown, Bruce Alan: Gluck als Hauskomponist für das französische Theater in Wien, in: Gluck in Wien. Kongreßbericht Wien 1987 (= Gluck-Studien 1), hrsg. von Gerhard Croll und Monika Woitas, Kassel usw. 1989, S. 89–99. ISBN/ISSN: 3761809298, 9783761809297

Brown, Bruce Alan: Gluck and the French Theatre in Vienna, Oxford 1991. ISBN/ISSN: 0193164159

Brown, Bruce Alan und Rushton, Julian: Gluck, Christoph Willibald, in: The New Grove Dictionary of Music and Musicians, Second Edition, Vol. 10 Glinka to Harp, hrsg. von Stanley Sadie und John Tyrrell, Oxford 2001, S. 24–58.

Hárich, János: Inventare der Esterházy-Hofmusikkapelle in Eisenstadt, in: Das Haydn-Jahrbuch 9, Wien 1975, S. 5–11 und 67–125.

Erstellt von: Vera Grund
Zitierhinweis: Christoph Willibald Gluck. Sämtliche Werke, GluckWV-online, URI: https://www.gluck-gesamtausgabe.de/id/2-02-45-0 (19.04.2024)

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