Publikation des Bandes "L'Arbre enchanté (1775)" (IV/11)

L'Arbre enchanté (Versailles 1775) (IV/11), herausgegeben von Bruce A. Brown, Los Angeles, Bärenreiter-Verlag, Kassel, 2009.

Die vorgelegte zweite Fassung von L'Arbre enchanté ist die erste kritische Edition des Werks, bei dem es sich um eine umfassende Revision der 1759 für Wien geschaffenen gleichnamigen Opéra-comique handelt. Veranlasst wurde die Überarbeitung durch einen Auftrag des französischen Hofes, der während des Aufenthaltes des Habsburger Erzherzogs Maximilian bei seiner Schwester Marie Antoinette eine Wiederaufführung von Glucks L'Arbre enchanté wünschte. Die neue Version wurde am 27. Februar 1775 im Rahmen der für den Erzherzog veranstalteten Gala in der Manège von Versailles uraufgeführt.

Innerhalb der Überlieferung des Schaffens von Gluck stellt es eine Besonderheit dar, dass von der zweiten Fassung des L'Arbre enchanté ein Partiturautograph erhalten ist. Es dient trotz einiger Uneindeutigkeiten in seiner Notierung als Hauptquelle der Edition. Ergänzt wird diese Quelle durch die 1776 bei Lemarchand in Paris erschienenen Drucke des Particells und der Orchesterstimmen. Zuweilen aufscheinende Widersprüche zwischen Autograph und Drucken sind editorisch mit Hilfe des Rückgriffs auf eine Partiturabschrift des Wiener Kopisten Carl Bonifacius Champée gelöst, wobei es sich höchstwahrscheinlich um die Partiturabschrift des L'Arbre enchanté handelt, die Gluck zugrunde lag, als er seine zweite Fassung der Opéra-comique erarbeitete. Ein Librettodruck zur Aufführung von 1775, und damit von der Textüberarbeitung Pierre-Louis Molines auf Grundlage des Textes von Jean-Joseph Vadé, ist nicht überliefert. Erhalten ist lediglich ein 1777 erschienener Privatdruck sämtlicher Textteile. Er ermöglicht gemeinsam mit dem Particelldruck die Ergänzung der gesprochenen Dialoge; daneben ist auch das Libretto der ersten Fassung aus dem Jahr 1759 ein wichtiges Zeugnis. Im Kritischen Bericht des Bandes werden neben der üblichen Kommentierung der Quellenlage und Edition die inhaltlichen Besonderheiten des Autographs genau beschrieben. Zudem dokumentieren die Nachweise von zahlreichen Exemplaren der Nachdrucke sowie von späteren Abschriften die weit reichende schriftliche Rezeption des Werkes. Im Faksimile-Teil des Bandes wird der Librettodruck von 1777 ebenso wiedergegeben wie Auszüge aus den wichtigsten Quellen und Abbildungen zur Textvorlage.

Glucks für Versailles überarbeitete Opéra-comique L'Arbre enchanté weist gegenüber der Wiener Fassung vor allem Veränderungen in der Instrumentation und Tonartenauswahl sowie einige Ergänzungen auf. Zugleich zeigt die Edition, dass es sich auch bei der 1775 revidierten Fassung um eine Opéra-comique handelt, die dem von Gluck in den späten 1750er Jahren in Wien gepflegten Typus des Genres entspricht.

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