Publikation des Bandes "Demofoonte" (III/3)

Demofoonte (III/3), herausgegeben von Tanja Gölz, Bärenreiter-Verlag, Kassel, 2014.

Mit der vorgelegten Edition des am 6. Januar 1743 im Mailänder Teatro Regio Ducale uraufgeführten Dramma per musica Demofoonte erscheint das Werk erstmalig im Druck. Es handelt sich um die dritte von insgesamt acht Opere serie, die Gluck zu Beginn seines Schaffens für verschiedene oberitalienische Spielstätten schuf, und um die zweite von vier aufeinanderfolgenden Scritture für die Mailänder Karnevalssaison. Als Textgrundlage diente Pietro Metastasios gleichnamige Dichtung, deren formale Konzeption, Dramaturgie und Personenkonstellation in Glucks Vertonung beibehalten wurde, die somit dem konventionellen Gattungsschema der Opera seria entspricht: In der dreiaktigen Anlage dominieren die stets durch ein Rezitativ eingeleiteten Da-capo- bzw. Dal-segno-Arien, als Ensemblestücke finden sich einzig das Liebesduett des Primarierpaares am Ende des zweiten Aktes sowie ein kurzer, das Werk beschließender Freudenchor der Solisten. Die Rolle des Primo uomo Timante schrieb Gluck dem Kastraten Giovanni Carestini auf den Leib, der zuvor als Interpret von Händel-Opern erfolgreich war und sich zu dieser Zeit vom Sopranisten zum Altus wandelte. Gluck bevorzugte für seine Partie eine ausdrucksstarke und deklamatorische Melodik gegenüber einem effektreichen, virtuosen Stil, sparte aber im übrigen Werk auch nicht an koloraturreichen Bravourstücken neben lyrisch-empfindsamen Arien. Die Instrumentation beschränkt sich in weniger als der Hälfte der Vokalstücke auf Streicher, die in den übrigen Nummern durch zwei Hörner, Oboen und in einem Fall durch Flöten ergänzt werden, während in der Abschlussarie des ersten Aktes vier Hörner gefordert und im Marsch zusätzlich Pauken vorgesehen sind.

Wie die meisten seiner frühen Opern ist auch Glucks Demofoonte unvollständig überliefert, stellt aber nach der 1744 entstandenen Ipermestra die am umfangreichsten erhaltene Opera seria aus Glucks kompositorischer Anfangszeit dar: Alle 28 geschlossenen Nummern sowie zwei Accompagnato-Rezitative haben sich erhalten; es fehlen nur eine diesem Werk eindeutig zuzuordnende Sinfonia und die Secco-Rezitative. Neben mehreren Exemplaren des Uraufführungslibrettos sind weitere Textbücher überliefert, die von vier zeitgenössischen Wiederaufführungen und damit von dem großen Erfolg der Oper zeugen: Sie wurde im Rahmen der Fiera 1743 in Reggio, zur Eröffnung der Karnevalssaison 1744 in Bologna und 1745 in Ferrara sowie anlässlich des Geburtstags Maria Theresias im Mai 1747 erneut in Mailand gegeben. Als die einzelnen Produktionen verbindende Person ist der Tenor Felice Novelli anzunehmen, der bei den ersten beiden Aufführungen den Matusio sang, in Bologna und Ferrara hingegen die Titelrolle sowie die Funktion des Impresario übernahm und vermutlich für die Weiterverwendung des jeweiligen Aufführungsmaterials sorgte, welches sich jedoch ebenso wenig erhalten hat wie dasjenige der Uraufführung.
Da auch das Autograph als verschollen gelten muss, stützt sich die Edition primär auf eine in der Pariser Bibliothèque nationale de France aufbewahrte Sammelhandschrift, die in Einzelfaszikeln sämtliche der zu Demofoonte nachweisbaren Musikstücke überliefert. Daneben haben sich von drei Vokalnummern weitere Partiturabschriften des 18. Jahrhunderts erhalten, die entweder als zusätzliche Primärquellen herangezogen wurden oder aber in Abgrenzung von den eindeutig dem Uraufführungskontext zuzuordnenden Abschriften als Sekundärquellen nur nachgeordnete Berücksichtigung fanden. Für die an der Wiederaufführung in Reggio beteiligte Sopranistin Caterina Aschieri hat Gluck zwei Arien neu vertont, deren Edition ebenfalls auf zeitgenössischen Partiturkopien basiert und sich im Anhang des Bandes findet. Zudem werden im Notenteil die Texte der nicht erhaltenen Secco-Rezitative gemäß dem Uraufführungslibretto wiedergegeben, um die Werkgestalt des Demofoonte möglichst anschaulich nachzubilden und der musikalischen Praxis szenische Realisierungen zu ermöglichen.

Gemeinsam mit den musikalischen Hauptquellen bildet das Textbuch der Uraufführung die Grundlage für die Edition der Textunterlegung und wird in dem Band gemäß den Richtlinien der Gluck-Gesamtausgabe vollständig faksimiliert. Der üblichen Gestaltung entsprechend finden sich in der Ausgabe neben dem Notentext Vorwort, Bildbeigaben und Kritischer Bericht.

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