Christoph Willibald Gluck 1714–1787

Christoph Willibald Gluck (Joseph-Siffred Duplessis 1775; gemeinfrei)

Christoph Willibald Gluck wurde als ältester Sohn des Försters Alexander Gluck und dessen Ehefrau Maria Walburga am 2. Juli 1714 im oberpfälzischen Erasbach geboren. Er sollte ebenfalls Förster werden, weshalb Glucks Musikinteresse in seiner Jugend zu Auseinandersetzungen mit dem Vater führte. Ob Gluck eine musikalische Ausbildung genoss, ist nicht überliefert, es kann aber davon ausgegangen werden, dass er Musikunterricht von seinen Schullehrern erhielt.

Für das Jahr 1731 ist Gluck in der Prager Universitätsmatrikel mit der Fächerkombination Logik und Mathematik nachweisbar, Hinweise auf einen Studienabschluss fehlen. Musikalisch begegnet man Gluck ab 1734 in der Hauskapelle des Fürsten Philipp Hyazinth von Lobkowitz in Wien und ab 1737 in Mailand bei Fürst Antonio Maria Melzi. In Italien soll Gluck auch mit Giovanni Battista Sammartini in Kontakt gestanden bzw. sich in dessen unmittelbaren Wirkungskreis befunden haben, ein Lehrer-Schüler-Verhältnis ist nicht belegbar.

Der erfolgreichen Mailänder Uraufführung von Glucks erster Opera seria Artaserse (1741) folgten bis 1745 Aufträge für sieben weitere Opern, insgesamt sechs davon auf Texte von Pietro Metastasio: Demetrio (Venedig 1742), Demofoonte (Mailand) und Il Tigrane (Crema), beide erstmals 1743 dargeboten, sowie 1744 La Sofonisba (Mailand), Ipermestra (Venedig) und Poro (Turin). Den Abschluss von Glucks erstem Italienaufenthalt bildete der in Mailand 1745 uraufgeführte L’Ippolito.

Die italienischen Erfolge verhalfen Gluck zu zwei Kompositionsaufträgen in London: La caduta dei giganti und Artamene (beide Pasticci 1746). Hieraus wurden sogar je sechs Nummern in zwei Sammlungen, den sogenannten Favourite Songs, gedruckt (Verleger John Walsh). Gluck konnte also auf seine ersten Druckausgaben und eine für ihn wichtige Begegnung mit Georg Friedrich Händel zurückblicken, als er England 1746 verließ. Es folgten weitere Reisen nach Dresden, Wien, Hamburg, Kopenhagen und Prag, bei denen er sich den wandernden Operntruppen (1747–1752, mit Unterbrechungen) des Pietro Mingotti und des Giovanni Battista Locatelli anschloss. Dabei konnte Gluck neue Kontakte knüpfen und sich ein Renommee erarbeiten. Ebenso schuf er Auftragskompositionen für Opernhäuser und für höfische Festivitäten: Le nozze d’Ercole e d’Ebe (Pillnitz bei Dresden 1747), Semiramide riconosciuta (Wien 1748), La contesa dei numi (Kopenhagen 1749) und Ezio (Prag 1750).

Im Jahre 1750 heiratete Christoph Willibald Gluck die wohlhabende Kaufmannstochter Maria Anna Pergin und ließ sich mit ihr alsbald dauerhaft in Wien nieder, wo er ab 1755 regelmäßig für den kaiserlichen Hof komponierte. Ab 1758 schuf Gluck Opéras-comiques für das Burgtheater, und damit Werke für eine seit der Mitte der 1750er-Jahre vom Hof besonders geförderte Gattung, deren Merkmale u. a. in den gesprochenen Dialogen und in der Integration allgemein bekannter Liedmelodien (Vaudevilles) bestand. Auf seine erste Opéra-comique La Fausse Esclave (Wien 1758) folgte eine kontinuierliche Weiterentwicklung dieser Gattung mit Stücken wie Le Diable à quatre (Laxenburg 1759), L’Ivrogne corrigé (Wien 1760) bis hin zu den vollständig ohne Vaudevilles konzipierten Werken Le Cadi dupé (Wien 1761) und La Rencontre imprévue (Wien 1764). Neben seinem umfangreichen Opernschaffen widmete sich Gluck der Instrumental- und Ballettmusik. Aus seinem kirchenmusikalischen Werk ist der Psalm De profundis clamavi (Wien 1788 [posthum]) überliefert. In den 1770er-Jahren komponierte Gluck Oden und Lieder u. a. auf Texte von Friedrich Gottlieb Klopstock.

1761 setzte Gluck in Zusammenarbeit mit dem Librettisten Ranieri de’ Calzabigi, dem Tänzer und Choreographen Gasparo Angiolini und dem Theaterintendanten Giacomo Durazzo in Wien erstmals die gemeinsame Reformidee, Drama, Pantomime und Musik zu einer neuen Einheit zu verbinden, in der Balletpantomime Don Juan um. Dabei handelte es sich um eine Abkehr von den schematisierten Formen der höfisch-barocken Tanzeinlagen und eine Hinwendung zu einem eigenständigen Handlungsballett, welches von Bewegung und Gestik, von Aktion und Emotion mit Einbindung von Natürlichkeit, geprägt war. Die Erfahrungen mit Don Juan flossen in Glucks erste Reformoper Orfeo ed Euridice (Wien 1762) ein, welche einen Wendepunkt in der Operngeschichte markiert. Voraussetzungen und Grundlagen dafür lagen nicht nur im vorangegangenem Schaffen Glucks, sondern waren in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts von verschiedenen Autoren, beispielsweise Francesco Algarotti und Denis Diderot, angestoßen und eingeleitet worden. Ein weiteres wichtiges Werk für Glucks Umsetzung der Reformideen war die Tragedia per musica Alceste (Wien 1767), welche in enger Zusammenarbeit mit Calzabigi entstanden war und in deren Vorrede zum Partiturdruck 1769 die Grundsätze und Ziele der Reform erstmals explizit benannt sind. Die Autoren lehnten sich gegen die Konventionen der italienischen Opera seria auf, verkörpert durch den Librettisten Pietro Metastasio, die im Schematismus zu erstarren schien und forderten Einfachheit, Wahrheit und Natürlichkeit in der Musik, im Drama und auf der Bühne. Mit Paride ed Elena (Wien 1770) knüpfte der Komponist an die Reformideen an. Parallel dazu entstanden aber weiterhin Auftragswerke für Italien und den Wiener Hof in einem nur leicht modifizierten traditionellen italienischen Stil, beispielsweise Il Parnaso confuso (Schönbrunn 1765), Prologo (Florenz 1767) und Le feste d’Apollo (Parma 1769).

In François Louis du Roullet fand Gluck 1772 einen neuen Librettisten, der ihn mithilfe von Glucks früherer Gesangschülerin, der französischen Dauphine Marie Antoinette, in Paris einführte: Bisher war der etablierte Komponist und Neuerer der italienischen Oper hier eher ein Unbekannter. 1773 gelang es Gluck, einen Vertrag über sechs Werke mit der Académie royale de musique abzuschließen und im November gleichen Jahres reiste er nach Paris - es sollten bis 1779 noch weitere Reisen dorthin folgen. Glucks erste Pariser Oper Iphigénie en Aulide wurde 1774 aufgeführt und stellte ebenso wie Orphée et Euridice (1774) eine Weiterentwicklung der französischen Oper dar. Es folgten neben Alceste (1776) und Armide (1777) noch andere Kompositionen und Umarbeitungen, von denen Iphigénie en Tauride (1779) alle Erfolgserwartungen übertraf. Die Aufführungen von Glucks Opern erregten großes Aufsehen und lösten einen Streit zwischen seinen Sympathisanten und den Anhängern der durch Niccolò Piccinni vertretenen italienischen Oper aus, der in der Pariser Presse ausgetragen wurde. Unter anderem enttäuscht vom Misserfolg seines letzten französischen Bühnenwerkes Echo et Narcisse (1779) und auf Grund gesundheitlicher Probleme, unternahm Gluck keine weiteren Reisen mehr nach Frankreich und zog sich in den privaten Bereich zurück. Er starb am 15. November 1787 in Wien.

Englischsprachige Biographie

Encyclopaedia Britannica, Artikel „Gluck, Christoph Willibald“ (unter Mitwirkung von Gerhard Croll)