Quackers à la guinguette, Les

GluckWV 2.2.39

Allgemeines

Wotquenne-Nummer: deest

Werktyp: Ballett

Uraufführungsort: Ende 1760, Wien, Burgtheater

Authentizität: zugeschrieben (Musik verschollen)

Personen

Genese

Entstehung:

In seinem Repertoire des Wiener Burgtheaters für das Jahr 1761 gibt Philipp Gumpenhuber im Verzeichnis der Ballette Les Quackers à la guinguette mit dem Vermerk "de l'Année 1760" an.1 Ein genaues Datum der ersten Aufführung ist aufgrund des fehlenden Repertoires für das Jahr 1760 nicht auszumachen. Da das Ballett im darauffolgenden Jahr noch gegeben wurde, ist jedoch anzunehmen, dass es erst Ende 1760 Premiere hatte. Gluck, der in der Saison 1760/61 als "Compositore von der Musik zu denen Balletten" an beiden Wiener Theatern angestellt war, kann für die musikalische Umsetzung des Balletts als verantwortlich gelten, dank Gumpenhubers Aufzeichnungen steht Gasparo Angiolini als Choreograph eindeutig fest.

Die Religionsgemeinschaft der Quäker war bereits in Thomas Walkers The Quaker's Opera aus dem Jahr 1728 auf der Bühne thematisiert worden, wobei ihnen die Bedeutung einer moralischen Instanz zukam. Der Handlungsort, das Ausflugslokal "Guinguette", stand hingegen bereits im gleichnamigen Wiener Ballett von 1759 (vgl. La Guinguette) für lasterhaftes und ausschweifendes Treiben. Daher kann angenommen werden, dass in Les Quackers à la guinguette die Quäker ebenfalls als Hüter von Anstand und am Sitte am lasterhaften Ort fungierten.

In der sogenannten Durazzo-Sammlung, einer Kollektion von Szenenbildern, die der Wiener Theaterdirektor Giacomo Durazzo zur Dokumentation seiner Intendanz anlegen ließ, findet sich ein Szenenbild, dass auf ein derartiges Ballett schließen lässt: Im Zentrum des Bildes ist eine Gruppe von Tänzerinnen und Tänzern zu erkennen, deren Kostüme – runde Hüte der Herren, einfache Hauben der Damen, zudem Kniebundhosen und schlichte Kleider statt Tonnelet und Reifrock – mit der Tracht der Quäker übereinstimmen. Daneben finden verschiedene "unmoralische" Handlungen statt – ein Fechtkampf im Hintergrund, zu Boden gestürzte Personen und umgestürzte Leitern, die an den Fenstern der umliegenden Häuser Herren auf Brautschau zurücklassen sowie ein Galan im Stil der Comedia dell'arte, der einer Amme am Kinderbett Avancen macht (Typen der Comedia dell'Arte wurden auch im Ballett Le Tuteur dupé, ou L'Amant statue). Auch die Gestik der Gruppe in der Mitte, die einheitlich die linke Hand vor den Mund hält, könnte auf die Verurteilung des lasterhaften Treibens hindeuten.

In Bezug auf die erste Besetzung des Balletts sind die Hinweise Gumpenhubers sachdienlich: Am 11. Januar 1761 vermerkt er, dass Maria Anna Héloin (laut Hofzahlamtsbüchern erst in der darauffolgenden Saison als Ensemblemitglied genannt) aus Krankheitsgründen von Carolina Grandchamp ersetzt werden musste. Jacques Héloin sprang am 27. Januar für den ebenfalls erkrankten Jean Baptiste Grandchamp ein. Zudem listet Gummpenhuber Tänzerinnen und Tänzer auf, welche bei der Aufführung des Balletts Les Quackers à la guinguette (zusammen mit einem "Ballet nouveau Heroique" von Antoine Pitrot) am 27. Januar 1761 mitgewirkt haben.

Laut Hofzahlamtsbüchern2 waren von Dezember 1760 bis Februar 1761 am Burgtheater folgende Tänzerinnen und Tänzer engagiert:
[Louise] Joffroy[-Bodin] und [Pierre] Bodin
[Marianne] LeClerc
[Maria Ester] Boccherini und [Gasparo] Angiolini
[Jean] Dupré
[Vincenzo] Turchi
[Francesco] Turchi
[Louis] Frossard
[Pierre] Grangé [Granget]
Figurantes:
[Carolina] Grandchamp [geb. Gardiner]
[Adriana] Giropoldi
[Eva] Rot(tin)
[Anna] La Comme
Rosalie Grangé [Granget]
Figurants:
[Jacques] Heloin
[Annibale] Barsi
[Jean Baptiste] Grandchamp
Johann Hopp
[Antoine] Gobert
[Antoine] Durval

2Hofkammerarchiv, Hofzahlamtsbücher (Theatral-Cassa), Wien, Österreichisches Staatsarchiv, AT-OeStA/FHKA SUS HKZAB.

Werkgeschichte:

Das Ballett wurde im Jahr 1761 am 4., 11., 27. und 29. Januar im Burgtheater wiederholt. Im gleichen Jahr zeigte auch Charles Bernardi zur Musik von Franz Aspelmayer mit Le Doc-Saal à Londre, ou les Quakers à la promenade im Kärntnertortheater ein Ballett, das ebenfalls die Quäker in den Mittelpunkt stellte. Wie dem Szenar in Gumpenhubers Aufzeichungen zu entnehmen ist, handelte es sich dabei um ein 'Ballet des décorations', für das die Bühnenausstattung, insbesondere die Beleuchtung, besondere Bedeutung hatte ("le Theatre represente un lieu fort agreable avec differentes alées d'arbres très artificieusement illuminés, et les gens qu'on y voit frappent la vuë").

Zeitgenössische Berichte:

1Philipp Gumpenhuber, Répertoire de tous les Spectacles qui ont été donnés au Théâtre près de la Cour, Einträge vom 4., 11., 27. und 29. Januar 1761 sowie Bl. 90r (A-Wn, Mus. Hs. 34580a).

Uraufführungsort:

Werkteile

Übernahmen

keine

Quellen

Alle öffnen Alle schließen

Ikonographische Quelle

Das ganze Werk

Signatur: A-Smoroda, DdM f M 008_21

Fundort: A-Smoroda

Beschreibung:

Szenenbild zum Ballett Les Quackers à la guinguette aus der Sammlung Durazzo, um 1760 (?), unbekannter Künstler, vmtl. Pinselzeichnung, Original verschollen, Kopie in Derra de Moroda Dance Archives, Salzburg

Literatur

Brown, Bruce Alan: Gluck als Hauskomponist für das französische Theater in Wien, in: Gluck in Wien. Kongreßbericht Wien 1987 (= Gluck-Studien 1), hrsg. von Gerhard Croll und Monika Woitas, Kassel usw. 1989, S. 89–99. ISBN/ISSN: 3761809298, 9783761809297

Brown, Bruce Alan: Gluck and the French Theatre in Vienna, Oxford 1991. ISBN/ISSN: 0193164159

Brown, Bruce Alan und Rushton, Julian: Gluck, Christoph Willibald, in: The New Grove Dictionary of Music and Musicians, Second Edition, Vol. 10 Glinka to Harp, hrsg. von Stanley Sadie und John Tyrrell, Oxford 2001, S. 24–58.

Dahms, Sibylle: Angiolini, Gasparo, in: MGG2, hrsg. von Ludwig Finscher, Personenteil, Bd. 1, Kassel usw. 1999, Sp. 719–724.

Dahms, Sibylle: Das Repertoire des Ballet en action. Noverre - Angiolini - Lauchery, in: De editione musices, Festschrift Gerhard Croll zum 65. Geburtstag, hrsg. von Wolfgang Gratzer und Andrea Lindmayr, Laaber 1992, S. 125–142.

Erstellt von: Vera Grund
Zitierhinweis: Christoph Willibald Gluck. Sämtliche Werke, GluckWV-online, URI: https://www.gluck-gesamtausgabe.de/id/2-02-39-0 (28.03.2024)

Zurück zur Liste