Acht neue Arien von Gluck entdeckt

"Vil trofeo d'un'alma imbelle" – Auftrittsarie des Alessandro aus Glucks Oper Poro (Turin 1744), Foto: Tanja Gölz

Ein Quellenneufund bereichert die Gluck-Gesamtausgabe kurz vor Vollendung des Editionsvorhabens. In einer aus anonymem Privatbesitz stammenden Sammelhandschrift entdeckte Projektleiterin Dr. Tanja Gölz in einem Berliner Antiquariat elf Vokalstücke aus Christoph Willibald Glucks Oper Poro, darunter acht Arien, die bis dato als verschollen galten und somit der Gluck-Forschung noch völlig unbekannt waren. 1744 für das Teatro Regio in Turin komponiert, gehört Poro zu Glucks frühen Opere serie, die mehrheitlich nicht vollständig überliefert sind, sondern von denen sich nur einzelne Nummern in Form von Abschriften, nachträglich erstellten Stimmenmaterialien oder vereinzelten Auswahldrucken erhalten haben. Dank der neu aufgefundenen Particelle und Canto e Basso-Auszüge, die offensichtlich zur Einstudierung der Sängerpartien und damit im unmittelbaren Uraufführungskontext angefertigt wurden, wächst der Anteil des tradierten Notentextes von Poro auf insgesamt 14 geschlossene Nummern inklusive der Sinfonia, was nahezu fünfzig Prozent des ursprünglich abendfüllenden Werks entspricht. Neben zusätzlichen Arien für die Seconda donna Domenica Casarini in der Rolle der Erissena und den Soprankastraten Giuseppe Gallieni als Gandarte sind nunmehr drei der insgesamt vier Arien der Partie des Alessandro erhalten, die Gluck für den Tenor Domenico Bonifacci komponierte.
Nahezu sämtliche der in der knapp 500-seitigen Sammelhandschrift enthaltenen Einzelfaszikel konnten als Stücke aus Turiner Opern der 1740er- und frühen 1750er-Jahre identifiziert werden und stammen von Komponisten wie Andrea Bernasconi, Francesco Feo, Baldassare Galuppi, Johann Adolf Hasse, Niccoló Jommelli, Giuseppe Lampugnani, Leonardo Leo u.a. Die Edition der acht neu entdeckten Arien von Gluck wird in den zweiten von Tanja Gölz herauszugebenden Band der Fragmentarisch überlieferten Opere serie (GGA III/2) einfließen und den für Wissenschaft und Praxis verfügbaren Bestand des noch wenig bekannten Frühwerks Gluck entsprechend erweitern.

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